Stiege Tulpenäpfel (Foto: Olaf Schriever)
Ein Plädoyer für die Nutzung der heimischen Streuobstwiesen
Charakteristisch für das Bergische Land waren schon immer die Streuobstwiesen rund um die Dörfer und Höfe. Sie spielten neben den Gemüsegärten oder der Viehwirtschaft eine große Rolle bei der Ernährung. Durch das Aufkommen von Plantagenobst verlor das Streuobst in wirtschaftlicher Hinsicht an Bedeutung, da es sich zur Gewinnung von Tafelobst nicht mehr rentierte. Heutzutage gewinnt die Streuobstwiese wieder an neuer Aufmerksamkeit: Als Strukturelement in der Landschaft und als Lebensraum für unzählige Insekten und Wirbeltiere ist sie aus dem Oberbergischen nicht wegzudenken. Aber was spricht noch dafür, Streuobstwiesen anzulegen oder sich hochstämmige Obstgehölze in den Garten zu setzen?
Kaum etwas bringt im eigenen Garten mit so wenig Aufwand so viel Ertrag wie eine für unsere Region angepasste Obstsorte. Während so gut wie alle Lebensmittel im Supermarkt gekauft werden, geht viel Wissen über die Lebensmittelerzeugung verloren. Ein Kirschbaum, ein Apfelbaum, vielleicht ein Nussstrauch – direkt vor Ort lässt sich an die nächste Generation vermitteln, wo Lebensmittel herkommen, wie wertvoll und wie lecker sie sein können. Die Ernte lässt sich einlagern und weiterverarbeiten: Marmeladen, Kompott oder Fruchtsaft. Auch hier gilt es Wissen und Rezepte zu bewahren. Was für die eigene Verarbeitung zu viel ist, kann in Fruchtsaftkeltereien gebracht werden, wo die Äpfel gegen Saft eingetauscht werden können. So wird Bewusstsein und Wertschätzung für regionale Lebensmittel geschaffen.
Geschüttelt oder gepflückt? – die Ernte
Grundsätzlich werden die Äpfel auf zwei Wegen geerntet: Gepflückt oder geschüttelt und aufgelesen. Soll der Apfel zu Saft verarbeitet werden, wird er vom Baum geschüttelt. Soll er gelagert und gegessen werden, muss er gepflückt werden. Der Apfel ist pflückreif, wenn er sich samt Stiel leicht vom Ast lösen lässt, aromatisch duftet und dunkle Kerne hat. Muss kräftig am Apfel gezogen werden, und die Kerne sind noch hell, ist es noch nicht so weit. Bei vielen Sorten muss der Apfel noch einige Wochen oder Monate lagern, bis er seinen vollen Geschmack entfaltet. Sollen die Äpfel gelagert werden, müssen sie unbedingt frei von Druckstellen, Macken oder anderem Schaden sein.
Für die Fruchtsaftherstellung gilt es, den Apfel möglichst effektiv vom Baum zu schütteln. Druckstellen sind hier erlaubt und auch gesundes Fallobst ist bestens geeignet. Am meisten Spaß und weniger Arbeit macht die Ernte in Gemeinschaft. Familie, Freunde, Nachbarn oder die ganze Dorfgemeinschaft kann sich hier zusammentun: Die eine hat womöglich mehr Bäume als sie ernten kann, der andere hätte gerne überhaupt einen Baum. Der eine hat noch ein paar große Planen herumliegen, die andere eine lange Schüttelstange mit Haken. Irgendjemand hat immer einen Trecker oder einen großen Anhänger. Dann geht es an die Arbeitsteilung. Wer seine Kräfte unter Beweis stellen will, geht am besten an die Schüttelstange. Ein Team kann vorab das Fallobst sammeln und sortieren, ein anderes legt die Planen aus – am meisten Spaß macht es aber, die auf den Planen zusammengehäuften Äpfel aufzulesen. Je nach Größe der ganzen Aktion sollte eine Abteilung Bäumchensapfel (Foto: Olaf Schriever) 2 unbedingt für das leibliche Wohl sorgen. Eine deftige Mahlzeit oder eine Bergische Kaffeetafel direkt auf der Obstwiese sind der pure Genuss! Auf diese Weise kommen alle zusammen und es lässt sich eine ganze Menge schaffen. Das Obst kann dann in eine Fruchtsaftkelterei gebracht und gegen Apfelsaft eingetauscht werden, der am Ende solidarisch aufgeteilt wird.
Nur durch die Nutzung haben Streuobstwiesen und alte, heimische Obstsorten in Zukunft eine Überlebenschance. So kann regionale Erzeugung und Nutzung das Bild unserer Kulturlandschaft, wertvolle Lebensräume und althergebrachtes Wissen aufrechterhalten.
Mostereien und mobile Saftpressen
(kein Anspruch auf Vollständigkeit)
Mostereien
Fruchtsaftkelterei Weber, Nümbrecht
www.webersaft.de
Mobile Saftpressen
Mobile Saftpresse NRW
https://www.mobile-saftpresse-nrw.de/
Mosterei-Kollektiv Most & Trester
www.mobilemosterei.de
Bundesweite Mostereien-Übersicht
NABU (Naturschutzbund Deutschland) e.V.: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/
landnutzung/streuobst/service-und-adressen/05812.html#frage7
Weitere Informationen
Handbuch „Lokale und regionale Obstsorten im Rheinland - neu entdeckt!"
Erhältlich bei der Biologischen Station Oberberg (Schutzgebühr 7 €, Versand 3 €).
Kontakt: oberberg@bs-bl.de